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landshark December 3, 2002 at 9:18:23 PM CET
Topic: theoretisch lit Lesung mit Paulina Schulz - Kaffee Hilgenfeld wiedermal Paulina Schulz liest aus ihrem neuen Manuskript - "Wasserwelten". Nicht einfach eine Lesung, bei der nur die Stimme dominierte, sondern die Texte auch musikalisch reflektiert wurden. Als Kontrast zu Paulinas beruhigender Stimme fungierten Geige, Quer-, Alt-, Blockflöte und Gitarre als Gegenpart beziehungsweise als unterstreichendes Moment. Eingeleitet wurde die Lesung durch ein zweisätziges Musikstück, welches ruhig und ernst im ersten Satz war und im zweiten überging zu fröhlich heiter. In Stimme gebracht wurde damit Paulinas erste Geschichte "Keine Diskussion", die ihrem Bruder und Männern mit Liebeskummer gewidmet war. Die Kurzgeschichte war gefüllt mit Wortspiel aus Wodka und aggresiv subtiler Erotik. Paulina spielte mit ausschweifenden, detailierten Beschreibungen der Örtlichkeiten und Gesprächsdetails. Ihren Hauptfokus legte die Geschichte auf die Möglichkeiten der Liebe und dem was man in ihr für andere Menschen macht. Die Frage nach der Akzeptanz von Handlungen und Kommunikation zwischen den Menschen brachten die Tiefe der Gedanken, in die man in einer unglücklichen Beziehung sein kann zur Sprache. Ist man so blind und macht alles für die Geliebte oder kann man immer noch reflektieren? Das das Ende in Rauch aufging, war eine geschickte Metapher für die Vergänglichkeit von Liebe. Ebenso wie die Zigarette langsam zu Asche verglimmt - raucht sich eine einseitige Liebe. Auch wenn Paulinas Stimmintonation etwas die Pointe verstellte, wurde das akustisch durch die Musik wieder kompensiert. Der zweite Text hieß "Eintauchen" und war allen gewidmet, die gerade jemanden neues fanden und gerade finden. Sie ist überall, in jedem Menschen, in der Natur, in vorbeigehenden Bewegungen und jedem et cetera. Ihre Anwesenheit zeichnet sich durch das gemeinsame Schweigen können aus. Die Fähigkeit das zu erleben, appliziert das Partizipieren in die Körperlichkeit der Nähe. Der Verlust von Zeit spielt in solch einem Gefühl der Teilhabe keine Rolle mehr. Die Möglichkeit diese Tiefe sprachlich zu fassen, gelingt durch die Übertragung der blumigen Bilder, die eine gemeinsame Gedankenwelt umreißen und verschreibt sich dabei in den Raum, der das Tertium der Gedanken ist. Passend zu Paulinas Geschichte "Eintauchen", ließ die Musik mit einem Gitarren Altflöten Duett den Hörer eintauchen in den Geruch von spätsommerlichen Abendwiesen und leitete damit über zu "Swimmingpool". Einer Geschichte über das Vorbeigehen und die Sehnsucht eines Traumes, den man in seinen Schritten an sich vorbeigleiten sieht. Die Langweiligkeit des Möbiliars, was man selbst in einer Beziehung sein kann, ist das loslösende Moment für den Traum, den man noch nie gegangen war. Das geschickte Spiel mit dem Alltag innerhalb von Beziehungen und der Eloquenz, mit der man chiastisch die Wahrheit umgehen kann, liefert die Wortebene auf der die Geschichte funktionieren kann. Alles ist verstellt und verkreuzt zu lesen. Die Wortspielereien, die zu einem Wahrheit enthalten und trotzdem nicht alles sagen sind gut aus den Alltäglichkeiten in denen oft unsere Gespräche ablaufen herausgearbeitet. Paulina spielt mit der Leichtfertigkeit unserer Worte die die Träume erst möglich machen. Entsprechend der Geschichte war die folgende jazzy Musik auch dialogisch angelegt. Blockflöte, Gitarre und Geige spielten miteinander und ließen das Gespräch nicht nur nicht abreißen, sondern eröffneten auch die Träume, die aus ihrem Klang entstanden. "Take all of me" leitet dann mit genialer Mimik der Musiker "Gustavs Memento" ein. Einer Geschichte über die Metastasen des Genießens. Zwar wird Gustav die Gans am Anfang brutal mit dem Beil gemetzelt und mit Klößen und Bohnen serviert, was Assoziationen an 'Delicatessen' hervorruft, aber das ist nicht das Hauptanliegen von diesem verspielten Text. Es geht eher um das Essen als Plattform für das Vergnügen und evoziert dabei eine subtile Dorfkomik mit deren Vorurteilen und Projektionen sarkastisch aufgeräumt wird. Der Text ist sehr eloquent in seinem Wortwitz und spielt auf erotisch verschlagener Art mit Natur und Körper und sei es Gustavs. Liebe geht durch den Magen, selbst wenn es das geliebte Federvieh ist. Das es nicht nur Paulina am Wortwitz gelegen war, merkte man eindeutig am Stück nach 'Gustavs Memento' - "Walzer im Speck" nahm die Leichtigkeit gekonnt auf und verzauberte durch einen schlemmenden Akustik, in der die Musiker aufgingen und frenetischen Beifall ernteten. Eigentlich wäre an dieser Stelle die Lesung vorbei gewesen - allerdings konnte das Publikum noch eine Zugabe hervorlocken. Die letzte Geschichte war allen Frauen gewidmet und hieß "Diese Tage". Es handelt sich um den Traum eines Tages, an dem man sich sagt: 'wenn es diesen Mann gäbe - mit dem ich Pferde stehlen könnte...'. Die Geschichte führt auf wörtlicher Ebene das aus, was Van Morrison in "Days like this" besingt. Sie spricht von all den kleinen Träumen, mit denen man Tage wie diese, in seinem inneren ausmalt. all Photos by pik-arts dedicated link the Hilgenfeld session ... Link (4 comments) ... Comment landshark August 21, 2002 at 5:25:29 PM CEST Topic: theoretisch lit groovy ... Link (4 comments) ... Comment landshark August 21, 2002 at 5:11:11 PM CEST Topic: theoretisch lit the movie ... Link (1 comment) ... Comment
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